Kateryna Chernii an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) promoviert

Die Personen auf dem Foto von links nach rechts: Prof. Dr. Timm Beichelt, Kateryna Chernii, Prof. Dr. Jan Claas Behrends, Dr. Sonja Priebus, Prof. Dr. Werner Benecke. Foto: privat
Open

Bildinfo

Von links nach rechts: Prof. Dr. Timm Beichelt, Kateryna Chernii, Prof. Dr. Jan Claas Behrends, Dr. Sonja Priebus, Prof. Dr. Werner Benecke. Foto: privat

Kateryna Chernii hat ihre Dissertation "Auf zu neuen Siegen? Die Transformationsprozesse des ukrainischen Fußballs und der Elitenwandel nach dem Ende der Sowjetunion" erfolgreich (magna cum laude) am 05.12.2025 an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) verteidigt. Die Betreuer der Arbeit waren Prof. Dr. Jan Claas Behrends (ZZF/Viadrina) und Prof. Dr. Robert Kindler (Freie Universität Berlin).  

In ihrer Arbeit untersucht Kateryna Chernii, inwiefern das kommunistische Erbe die Transformation des ukrainischen Fußballs und seiner Elite nach dem Fall des Kommunismus beeinflusste. Das Projekt beschäftigt sich mit dem Erbe des kommunistischen Systems und der politisch-ökonomischen Transformation der Ukraine von den Umwälzungen der Perestroika bis in die Mitte der 2000er Jahre. Es öffnet den Blick sowohl auf das Gesamtbild der Ukraine als auch auf bemerkenswerte Tendenzen, die den Fußball in der Umbruchzeit so besonders machen.

Das kommunistische Erbe spielte eine ambivalente Rolle bei der Transformation des ukrainischen Fußballs nach 1991. Denn der strukturelle Bruch mit der sowjetischen Vergangenheit bedeutete nicht zwangsläufig einen Neuanfang. Auf der einen Seite wirkte die sowjetische Erfahrung mit den Erfolgen des ukrainischen Fußballs und den bewährten Praktiken als treibende Kraft. Auf der anderen Seite hemmte es die notwendige Professionalisierung, da viele Strukturen, Denkweisen und Akteure weiterhin stark von den Prinzipien des sowjetischen Fußballs beeinflusst waren.

In der Transformationszeit wurde der Fußball zu einem bedeutenden Element kollektiver Selbstvergewisserung und zum Symbol der ukrainischen Selbstbehauptung. Er wurde zu einem verbindenden Element – und zugleich zu einem Instrument der Abgrenzung nach außen, besonders dann, wenn es um die ukrainischen Erfolge auf internationaler Ebene ging.

Der Fußball wurde zu einer Erfolgsgeschichte der Transformation und zu einer Triebkraft der kapitalistischen Entwicklung, auch wenn er zugleich von seinem sowjetischen Erbe geprägt blieb. Die Entstehung des "oligarchischen Modells" im ukrainischen Fußball war Ausdruck der Transformationszeit, die einerseits an das bekannte Modell des sowjetischen Mäzenatentums und der sozialen Macht des Fußballs anknüpfte, andererseits an die Clan-Politik der Ukraine nach 1991.

Die Ähnlichkeiten zwischen den paternalistischen Strukturen des europäischen Fußballs und der postkommunistischen Ukraine führten auch dazu, dass der Fußball zum Vorreiter der Europäisierung wurde. Für die Ukraine in der Transformationszeit wurde der Fußball zu einem Feld, auf dem man sich Europa annähern konnte, ohne sich radikal ändern zu müssen. Die Europäisierung durch den Fußball diente nicht nur den Interessen des Clan-Kapitalismus, sondern stärkte auch die Rolle der Ukraine auf internationaler Ebene und den Weg nach Europa abseits des Fußballs. 

Kateryna Chernii forschte von Mai 2019 bis April 2025 als Doktorandin am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam in Abteilung I Kommunismus und Gesellschaft im Projekt "Legacies of Communism? Post‐Communist Europe from Stagnation to Reform, between Autocracy and Revolution". Seit Mai 2025 ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in Abteilung I im Projekt  "Nuclear Reaction on the Khreshatik: Ukrainian Society and its Path from Perebudova to Decoloniality, 1986-1994" tätig.