Dissertationsprojekt
im Verbundprojekt "Das mediale Erbe der DDR"
Die Diskussion um Digitalität und Erinnerung bleibt in der Regel der Gegenwart verhaftet, indem sie „willkürlich einen recht späten Zeitpunkt [setzt], von dem an digitale Medien als relevant betrachtet werden“ (Habbo Knoch). Das Promotionsprojekt zeigt dagegen auf, wie sich bereits in den 1990er- und 2000er-Jahren – noch vor dem Siegeszug der sozialen Medien – digitale Formen der DDR-Erinnerung herausbildeten. Auf einer übergeordneten Ebene nimmt es damit die miteinander verflochtenen Prozesse der Digitalisierung bzw. der digitalen Vernetzung einerseits und der postsozialististischen Transformation andererseits als doppelten Umbruch in den Blick. Im Zentrum steht aber das frühe World Wide Web als zunächst neues Medium, dessen Funktions- und Nutzungsweisen in der Transformationszeit der 1990er- und 2000er-Jahren erst ausgehandelt und erlernt werden mussten. Insbesondere private Homepages und Foren rücken dabei als Orte individueller Erinnerungspraktiken in den Blick, über die Nutzer*innen die entstehende Erinnerungs- und Aufarbeitungslandschaft im digitalen Raum und darüber hinaus aktiv mitgestalteten.
Das Projekt stützt sich dafür auf eine breite Quellenbasis. Der Fokus liegt jedoch auf originär digitalen Quellen und insbesondere auf archivierten Webseiten aus dem Internet Archive. Damit unternimmt das Promotionsprojekt einen ersten Schritt hin zu einer Erschließung der Bestände des Internet Archive für die zeithistorische Forschung. Zugleich erschließt es im methodischen Umgang mit den archivierten Webseiten einen neuen Quellentyp, der für eine Zeitgeschichte der Jahre nach 1989/90 zunehmend an Bedeutung gewinnen dürfte.
Erstbetreuer dieses Projekts ist Prof. Dr. Frank Bösch.
Das Projekt wurde von 12/2018-02/2020 von Nils Theinert bearbeitet.